25 Jahre

LIEBE FREUNDE DER MUSIK,

„Kaum ist man geboren, dann ist man auch schon 80“, sagte Loriot an seinem 80. Geburtstag; ähnlich staunend und ungläubig stehe ich vor der Tatsache, dass ich seit 25 Jahren für die „Musik an der Humboldt-Universität“ arbeite. Eben lief ich noch als knapp 30-Jähriger mit Plakaten und Handzetteln durch das Hauptgebäude, um in jedem nur denkbaren Winkel auf die Neugründung eines Chores und eines Orchesters aufmerksam zu machen, und ging dann mit weichen Knien in die allerersten Proben, ohne zu wissen, was mich erwarten würde, probte mit knapp 60 ungeübten SängerInnen „Alta trinita beata“ bzw. das Charpentier-„Te Deum“ mit einem vielleicht 30-köpfigen Kammerorchester, um am 23. Juni 1994 das erste gemeinsame Konzert der neu gegründeten Ensembles in der Ruine der Parochialkirche aufzuführen. Wir waren wenige, aber die Begeisterung war groß. Kaum zu glauben, dass wir nun, 25 Jahre später, auf ein Jubiläumsjahr zugehen, in dem neben vielen anderen Konzerten zwei Aufführungen von Gustav Mahlers „Symphonie der Tausend“ in der Philharmonie und dem Konzerthaus Höhepunkte der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte zu werden versprechen.

Für die Aufführungen von Mahlers Achter Symphonie werden wir unsere Kräfte bündeln: „Humboldts Philharmonischer Chor“ mit seinen rund 170 SängerInnen vereint sich mit den rund 100 des „Chores der Humboldt-Universität“, die beiden Orchester „Humboldts Studentische Philharmonie“ und „Symphonieorchester der Humboldt-Universität“ tun sich zusammen und werden ergänzt durch acht GesangssolistInnen sowie die Kinder- und Jugendchöre des Händelgymnasiums. Die Tausend, die es bei der Uraufführung in München waren, werden wir nicht erreichen, aber gut 600 werden wohl auch wir auf die Bühne bringen.

Im Sommersemester 2019 werden dann alle einzelnen Ensembles ihre eigenen Wege gehen: „Humboldts Philharmonischer Chor“ wird die Petite Messe solennelle von Rossini im Kammermusiksaal der Philharmonie aufführen, während „Humboldts Studentische Philharmonie“ ein symphonisches Programm mit Werken von Brahms, Smetana, Sibelius, Rachmaninow, Freitas Branco und Elgar spielen wird. Das „Symphonische Orchester der HU“ beginnt sein Programm mit einem Auftragswerk, das Felix Herron, Bratschist in dem Orchester, für uns komponiert, gefolgt von „Noches en las jardines de España“ von de Falla und der Symphonie d-Moll von C. Franck. Darüber hinaus werden alle weiteren Ensembles der „Musik an der Humboldt-Universität“, als da wären der „Chor der Humboldt-Universität“, der Kammerchor und last not least unsere großartige Bigband, eigene Konzerte im Rahmen des Jubiläums geben.

Wer diese Programme aufmerksam liest, bemerkt darin eine bewusste und absichtsvolle Zusammenstellung: So viele Nationen wie irgend möglich sind vertreten, und dies entspricht genau der mit den Jahren gewachsenen, wunderbaren Internationalität, die unsere Ensembles auszeichnet: Aus aller Welt kommen mittlerweile die Studierenden zu uns, bringen die Charakteristika ihrer Heimatländer mit, bereichern dadurch unser Spektrum und beleben unsere Programmauswahl. – Und übrigens auch unsere Reiseziele: Unsere bisherigen Konzertreisen führten nach Finnland, Italien, Spanien, Polen, Tschechien, die Niederlande, Belgien und Frankreich. Wir arbeiten daran, dass weitere folgen werden.

Wir gehen voller Freude auf ein Studienjahr mit großen, sehr großen Aufgaben zu. Dies ist möglich, weil wir vier- bis fünfhundert höchst engagierte MusikerInnen in unseren Ensembles haben, außerdem ein hoch motiviertes Mitarbeiterteam, einen äußerst engagierten Förderverein und hervorragende Räumlichkeiten zum Proben in der Universität. 

Das einzige grundsätzliche Problem unserer Arbeit ist ihre Finanzierung. Der Sockelbetrag, den wir jährlich von der Universität bekommen, steht in keinem Verhältnis zu unseren Produktionen und ihren Kosten. Den Löwenanteil der Kosten müssen wir durch den Verkauf der Konzertkarten selber erwirtschaften, gleichzeitig versuchen wir aber, die Kartenpreise so niedrig wie möglich zu halten, um klassikferne junge Menschen an unsere Musik heranzuführen. Daher sind wir von jeher auf private Spenden angewiesen, daher suchen wir seit langem Sponsoren, die sich von unserer Begeisterung für die Musik anstecken lassen und bereit sind, zu unserer Unterstützung beizutragen

In 25 Jahren durfte ich immer wieder erleben, dass auch in schwierigsten Situationen und harten Zeiten, in denen nur von Sparen, Reduzieren und Abwickeln die Rede war, unglaublich viel Kreativität aus den Reihen der Ensembles kam, um zu erhalten und weiterzuentwickeln, was wir bis dahin aufgebaut hatten. Das hat mir in Momenten der Ratlosigkeit immer wieder Mut gemacht. Es ist eine große Freude, mit jungen Menschen Musik zu machen und wahrnehmen zu dürfen, wie die Musik die Menschen verändert, sie sensibel und achtsam macht, sie stärkt und reich an Erfahrungen werden lässt; das gibt auch mir selbst in jeder Probe neue Energie. Und so gehe ich voller Freude und Spannung auf unser festliches Jubiläums-Studienjahr zu und hoffe auf noch viele gute musikalische Jahre an der Humboldt-Universität.

Berlin im Juli 2018

Constantin Alex